Schulen

 

Projektarbeit – die Theorie:

Die Methode, wie etwas beigebracht wird, ist entscheidend, ob junge Menschen zu motivieren sind, ob sie Spaß bei ihrer Aufgabe haben und ob die Erfahrungen auch zu einem tiefer liegenden Erleben und einer Bewusstseinsbildung führen. Die Projektarbeit ermöglicht uns, wie keine andere, Bezüge zu eigenen Erfahrungen und der eigenen Erlebniswelt herzustellen. Eingebunden in eine Vielzahl von thematischen Bezügen erhält künstlerische Gestaltung eine neue Bedeutung. Die Freude über die eigene schöpferische Kompetenz setzt eine Dynamik in Gang die, in der Fachwelt als Selbstwirksamkeit bezeichnet, über die Stärkung des Selbstvertrauens das Lernen auf allen Gebieten beflügelt.
Komplexe Inhalte werden „nebenbei“ vermittelt.

Projektarbeit  –  die Praxis:

Am Beispiel des Druckprojektes mit der 2. und 3. Klasse, an der Maria Sibylla Merian – Grundschule Königschaffhausen (Endingen).

In der Gruppe, im Kreis sitzend, überlegen wir zuerst was in unserer unmittelbaren Umgebung alles gedruckt oder bedruckt ist. Beim Rundumblick entdecken die Kinder Schrift und Grafik überall: auf Alltagsgegenständen sowie der eigenen Kleidung. Wir nehmen dies zum Anlass uns  über das Wesen des Druckes zu unterhalten. Zum Beispiel, dass man durch Ausüben von Druck einen Abdruck erzeugen, und diesen beliebig oft wiederholen kann. Wir überlegen, welche Vorteile letzteres hat und werfen einen Blick zurück in die Geschichte. Bedenken, dass es eine Zeit gab in der das einzige Buch, die Bibel, per Hand geschrieben und illustriert wurde. Es entstehen viele Fragen? Wie sah der Alltag der Kinder aus? Hat abends jemand vorgelesen? Ohne Bücher? Wie war das in der Schule, ohne Schulbücher? Schule? Gab es Schule? Wie hat man lesen gelernt? Hat man lesen gelernt? Wer konnte überhaupt lesen? Gab es Fernsehen, Zeitung, Internet? Wie hat man Neuigkeiten erfahren? Hat man überhaupt Neuigkeiten erfahren? Die Kinder sind tief beeindruckt, fast ein bisschen erschüttert. Wir sprechen über Herrn Gutenberg und seine Erfindung des Buchdruckes. Überlegen wann dies war und wie viele Menschenleben in diese zurückliegende Zeitspanne passen.

Gedanklich zurückgekehrt in unseren Alltag, freuen wir uns über die vielen Kinder – und Schulbücher die heute so selbstverständlich im Regal stehen. Im Anschluss sehen wir uns verschiedene Druckstöcke an, für Hoch – und Tiefdruck, auch einfache Stempel. Aus Metall, Pappe oder Kunststoff fühlen sie sich sehr unterschiedlich an in unserer Hand. Wir stellen einen einfachen Druckstock her und erleben: Aus „eins“ werden „viele“. (Stempeln) Schnell ist die Frage im Raum: Was entsteht aus „Vielen“? Ein Fisch, viele Fische – Schwarm. Ein Baum, viele Bäume – Wald. Aus dieser inneren Logik der Drucktechnik entsteht die Bildidee.

Meine Aufgabe als Künstlerin und Bildungspartnerin ist es, die Wahl der Mittel und des Themas auf die kognitiven und manuellen Fähigkeiten der Kinder abzustimmen, bei begrenzter Zeit und beschränkten finanziellen Mitteln.

In dem konkreten Projekt in der M. S. M..-Grundschule haben wir als Thema Haus, viele Häuser – Dorf, vorgegeben. Ein Haus lässt sich sehr einfach, schnell und ästhetisch reizvoll, auch von jungen Kindern als Druckstock herstellen. Dabei ist die thematische Vorbereitung von großer Bedeutung. Zuerst müssen Bilder von Gebäuden in all ihrer Vielfalt gesammelt werden. Auch das gemeinsame Betrachten und Beschreiben der Häuser ist wichtig. Wie sehen die Häuser bei uns im Dorf aus. Die alten Häuser haben Muster ( Fachwerk ) andere sehr viele Stockwerke, aber kein Dach. Gibt es besondere Gebäude die jeder kennt? Zum Beispiel den schiefen Turm von Pisa? Wer kennt den Eifelturm? Manche Kinder haben zuvor in anderen Ländern gelebt oder in großen Städten und erzählen wie da die Häuser und Straßen aussehen. Dieser visuelle und geistige Input findet später Ausdruck in den Druckstöcken und ist deshalb elementar wichtig! Beim Blick aus dem Fenster, stellen wir fest: Man kann viele Häuser nicht ganz sehen, sie sind verdeckt durch Gebäude die vor ihnen stehen. Von manchen sieht man nur die Dächer. Die die ganz weit weg sind sehen sehr klein aus. Außerdem ist die Farbe auch weniger kräftig. Ein Problem steht im Raum, das gilt es zu lösen: Wie drucken wir dieses Häusermeer? „Wir machen uns viele Dächer als Druckstock!“ sagt ein Kind. Ein Junge findet eine andere Lösung: „Wir drucken die Häuser übereinander, dann verdeckt ein Haus das andere.“ (eine erstaunliche kognitive Leistung für einen 9 jährigen! )

Architektur, Perspektive und räumliche Darstellung, alles besprochen und doch beginnt jetzt für die Kinder die große Freiheit der Kunst. Die Freiheit das eine zu wissen( vielleicht ) und doch das andere zu tun. So werden Häuser schon mal, entgegen jeglicher Regel von Schwerkraft, auf dem Kopf stehend ins Bild gedruckt. Und es entstehen diese charmanten wunderbaren Bilder, wie sie nur in einer kurzen Zeit des Lebens entstehen, in der man sich noch über so vieles wundert.

Anne (9Jahre) stellt ihren fertigen Druck zu den anderen Bildern: „Unsere Bilder sind alle so schön geworden, fast als hätten Erwachsene sie gemacht.“

Tatsächlich sind die Bilder Resultat einer sorgfältigen, fachlich-kompetenten (erwachsenen) Planung für das kindliche Potential: fantasievoll, unkonventionell und ausdrucksstark – so wie nur Kinder dies schaffen können!

Außerdem haben die Kinder gelernt:

Dass Druckfarbe sich von anderen Farben unterscheidet und warum. Dass die Farbe schmatzen muss, erst dann ist der Farbfilm richtig für den Druckstock. Dass es sich beim Drucken ohne Presse um einen Hochdruck handelt, denn die erhöhten Flächen werden eingewalzt und gedruckt. Dass sich Druckstöcke auch aus einfachem Alltagsmaterial herstellen lassen. Dass aus einfacher Pappe aus dem Altpapier, ein wunderbarer Bildträger wird. Dass beim Drucken sich das Wort RATHAUS in das Wort SUAHTAR verwandelt. Alles ist spiegelverkehrt. Und sie haben sich geübt in manueller Geschicklichkeit und sozialem Miteinander:

Deine Kirche ist so schön!. Darf ich die leihen? Möchtest Du dafür meine Schule haben?“